Entstehung der Ryū

Der Bürgerkrieg in Japan

Mit Aufkommen der Samurai-Kriegerkaste, sowie des bakufu (Regierungszentrum des Shogun) der Kamakura-Periode (1192-1333) begann das Goldene Zeitalter des ninjutsu, das über 400 Jahre lang andauerte. In dieser Zeit entstanden zwischen 25 und 70 verschiedene ryū (Schulen), vor allem in den Iga- und Kōga-Provinzen. Im gleichen Zeitraum wurde der zen-Buddhismus in Japan eingeführt, die Grundlage für die Samurai-Kaste.

Die Hattori- und Oe-Clans beherrschten die Iga-Provinz, während die Kōga-Provinz von mehr als 50 Familien beherrscht wurde.

Zeichnung einer Schlacht im Genpei-Krieg

Im 14. Jahrhundert wurde Japan von erbitterten Kämpfen erschüttert. 1392 wurde Japan unter einem Kaiser vereinigt. Doch schon 75 Jahre später brachen erneut Unruhen aus. Die lokalen Herrscher, daimyō, Männer, deren Clans in den Jahrhunderten Macht und Einfluss ausgebaut hatten, hatten in Japans die Kontrolle übernommen und der shōgun war nur noch eine machtlose Marionette.

Die daimyō bekämpften sich 400 Jahre erbittert, bis es dem Feldherren Toyotomi Hideyoshi im Jahr 1590 endlich gelang Japan wieder zu vereinigen. Dieser Umstand führte dazu, dass Ninja überall benötigt wurden. Deshalb wurden mehr und mehr Ninja-Schulen eröffnet, um der ungeheueren Nachfrage Herr zu werden.

Feuerwaffen und Spionage

Die ersten Feuerwaffen (Luntengewehre aus Portugal) wurden 1543 von Kaufleuten nach Japan gebracht. Unter den Samurai galt die Benutzung von teppō (Arkebuse)< als ehrlos und diese Aufgabe oblag den niederen ashigaru (Fußsoldaten, meist Bauern).

Dem Ninja bereitete der Gebrauch von Feuerwaffen keine Gewissensbisse, und er integrierte mit Aufkommen der Feuerwaffen diese einfach in sein Waffenarsenal. Fortan gehörten Holzkanonen, Bronzepistolen und Personenminen zu seinem Arsenal.

Viele Feldherren heuerten Ninja an, um ihre Rivalen auszuspionieren. Zwei von diesen waren Takeda Shingen und sein Rivale Uesugi Kenshin. Takedas Spione überbrachten ihre Nachrichten mit Hilfe von Signalfeuern, während Uesugis Ninja oftmals als Wanderärzte verkleidet waren. Auch Tokugawa Ieyasu, der berühmte General griff häufig auf Iga- und Kōga-Ninja zurück.

Kōga-Provinzen und deren Herrscher

Die Kōga-Provinz wurde von mehr als 50 verschiedenen Ninja-Clans beherrscht, die Iga-Provinz hingegen teilten sich drei alteingesessene Familien: die Hattori, die Momochi und die Fujibayashi.

Der Momochi-Clan herrschte über den südlichen Teil der Provinz, die Hattori über das Zentrum und die Fujibayashi über den nördlichen Teil der Provinz. Außerdem konnten die Fujibayashi noch auf Ninja der Kōga-Provinz zurückgreifen.

Ihre Herrführer waren Momochi Sandayu, Hattori Hanzo und Fujibayashi Nagato, die alle drei im 16. Jahrhundert lebten.

Um seine Feinde zu verwirren und seine Identität zu waren, hatte Sandayu drei verschiedene Häuser, jedes mit Ehefrau und Kindern.

Wenn es ihm in einer Gegend zu gefährlich wurde, wechselte er einfach seinen Wohnsitz und seine Identität.

Das massenhafte Entstehen von Schulen

Historische Karte von Japan

Städte, Straßen und Gebiete

Nr. Stadt, Straße, Gebiet
1 Edo (heute Tōkyō)
2 Kyōto
3 Osaka
grün Tokaidō-Straße
gelb Iga- und Kōga-Gebiet

Provinzen

Nr. Provinz
1 Satsuma
2 Osumi
3 Higo
4 Hyuga
5 Chikugo
6 Bungo
7 Hizen
8 Chikuzen
9 Buzen
10 Iyo
11 Toza
12 Sanuki
13 Awa
14 Awaji
15 Nagato
16 Suo
17 Iwami
18 Aki
19 Izumo
20 Bingo
21 Hoki
22 Bitchu
23 Bizen
24 Mimasaka
25 Imaba
26 Harima
27 Tajima
28 Tamba
29 Kawachi
30 Kii
31 Yamato
32 Yamashiro
33 Wakasa
34 Omi
35 Iga
36 Ise
37 Owari
38 Mino
39 Echizen
40 Kaga
41 Noto
42 Etchu
43 Hida
44 Mikawa
45 Shinano
46 Totomi
47 Suruga
48 Kai
49 Izu
50 Sagami
51 Musashi
52 Shimosa
53 Kazusa
54 Hitachi
55 Shimotsuke
56 Kozuke
57 Echigo
58 Sado
59 Dewa
60 Mutsu

Als im 14. Jahrhundert die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse instabiler wurden, wurden viele neue ryū gegründet. Die Familien sahen sich gezwungen gegen den Strom zu schwimmen, wenn kreatives Denken und originelles Handeln die letzten Möglichkeiten waren, um ein Überleben zu garantieren. Andere ryū wurden bloß zeitweilig aktiviert, um einem bestimmten Kriegsherrn, einer Streitmacht oder einem religiösen Orden in einer spezifischen Angelegenheit zu helfen. Hatten diese ryū ihre Aufgabe erfüllt, löste man sie wieder auf. Einige Stile beschränkten sich eher auf eine Gegend und verbündeten sich aus geopolitischen Gründen mit anderen Ninjutsu-Schulen dieser Gegend. Wiederum andere verließen sich ausschließlich auf die Erfahrungen, das Wissen und die Weisheiten, die der Gründer des Clans zu seinen Lebzeiten angesammelt hatte.

Die historisch belegten japanischen ninjutsu-ryū waren im Hinblick auf Größe und Wichtigkeit sehr verschieden. Es gab sehr kleine Clans, die sich aus einigen Familienmitgliedern zusammensetzten, und andere, die sich aus Hunderten von Ninja zusammensetzten.

Liste der wichtigsten Schulen

Die folgende Liste enthält einige der historisch gesehen wichtigsten ninjutsu-ryū sowie ihre Führer, Operationsgebiete und militärischen sowie politischen Verbindungen:

  • Der Nakagawa-ryū hatte sein Operationsgebiet im Bezirk Aomori. Er wurde von Nakagawa Kohayato organisiert.
  • Der Haguro-ryū hatte sein Kernland im Bezirk Yamagata. Man sagt ihm nach, er sei von den kriegerischen Asketen des Haguro-Berges entwickelt worden.
  • Der Uesugi-ryū wurde von Usami Suruganokami Sadayuki (Bezirk Niigata) für Uesugi Kenshin als militärische Spionageorganisation entwickelt.
  • Der Kaji-ryū wurde von Kaji Ominokami Kagehide, einem Schüler des Gründers des Uesugi-ryū, gegründet, doch er hatte ebenfalls Verbindungen zu den Vätern des Hattori-ryū (Iga-Provinz).
  • Der Matsumoto-ryū operierte im Bezirk Tochigi.
  • Der Matsuda ryū operierte in der Provinz Ibazaki.
  • Die Koyo-ryū, Ninko-ryū und Takeda-ryū wurden von Takeda Shingen zwecks Agententätigkeit gegründet. Diese ryū machten regen Gebrauch von Spionen, die als Wandermönche oder Händler verkleidet waren.
  • Das Fuma-Ninpo (Bezirk Kanagawa) wurde von Fuma Kotaro gegründet und spezialisierte sich auf den Guerillakrieg.
  • Die Akiba-ryū und Ichizen-ryū (Bezirk Aichi) wurden von Hachisuka Koroku Masakatsu gegründet, einem berühmten Krieger dieser Gegend.
  • Der Mino-ryū (Bezirk Gifu) wurde während der Herrschaft des Saito Dosan entwickelt und beinhaltete die Kurokawa-Ninja-Gruppe der Kōga-Gegend.
  • Der Echizen-ryū (Bezirk Toyama) wurde von Iga-Ninja gegründet, denen die Flucht vor den Truppen des Oda Nobunaga geglückt war.
  • Der Yoshitsune-ryū (Bezirk Fukui) wurde von Minamoto Yoshitsune entwickelt. Dieser ryū war eine Mischung aus Spionagemethoden Ise Saburos und verschiedenen yamabushi-Lehren.
  • Der Kōga-ryū war eine regionale Ninjutsu-Tradition, die sich aus mehr als fünfzig Familien zusammensetzte.
  • Der Iga-ryū war ebenfalls eine regionale Ninjutsu-Tradition, die sich aus mehreren wichtigen Familien zusammensetzte, u. a. dem Hattori- und dem Momochi-Clan.
  • Der Negoro-ryū wurde von Suginobo Myosan, einem Feuerwaffenfachmann, gegründet. Der Saiga-ryū bildete Feuerwaffen- und Sprengstoffspezialisten aus. Der Natori-ryū wurde von Natori Sanjuro Masatake gegründet, dem Autor des Shoninki-Ninjutsu-Nachschlagewerkes. Diese ryū hatten, zusammen mit dem Kishu-ryū-Ninjutsu, ihren Stammsitz im Bezirk Wakayama.
  • Der Bizen-ryū stammte aus dem Bezirk Okayama.
  • Der Fukushima-ryū (Bezirk Shimane) wurde von Nojirijiro Jirouemon Narimasa entwickelt.
  • Der Kuroda-ryū (Bezirk Fukuoka) unterstützte die Kuroda-Herrscherfamilie.
  • Der Nanban-ryū operierte im Bezirk Nagasaki.
  • Das Satsuma-Ninpo (Bezirk Kagoshima) unterstützte die Shimazu-Herrscherfamilie.

Mit Ausnahme weniger waren diese ryū lange vor Beginn des Meji-Zeitalters im Jahre 1868 ausgestorben.

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