Kamae
Ausdruck innerer Einstellung
Die Kampfstellungen im taijutsu sind mehr als Regeln, wie man den Körper zu bewegen hat. Am besten beschreibt man sie, wenn man sie als Ausdruck der inneren Einstellung sieht. Im Kampf oder Leben ist es immer wichtig, dass Körper und Geist eins sind. Wenn die kamae richtig ausgeführt werden, so spiegelt sich in ihnen das Herz des Ninja wieder.
Der Sinn der kamae ist nicht, wie in anderen Kampfkünsten, dass jeder Kämpfer die gleiche Position einnimmt, ganz gleich ob sie zu seinem Körper passt, noch ist es der Sinn der kamae irgendwelche Tiere zu imitieren, sondern man soll sich natürlich bewegen, Körper, Geist und Seele sollen eins sein (shingitai).
Fließend, nicht statisch
Die Positionen sind nicht als statische Formen anzusehen, wie eine Fotografie, sondern werden nur so lange eingenommen, wie sie von Nutzen sind. Die Kampfstellungen gehen fließend in einander über. Um z. B. einem tiefen Tritt auszuweichen könnte man aus shizen no kamae in ichimonji no kamae zurückweichen, gleich darauf den angegriffenen Fuß hochziehen (hichō no kamae), einen Tritt gegen das Knie des Gegners ausführen und in jūmonji no kamae landen, gleich in kosei no Kamae wechseln und gegen den Rücken des Gegners eine Schlagtechnik ausführen. Was hier sicherlich deutlich geworden ist, ist dass fünf Bewegungen in einer 2-3 Sekunden langen Kampfsequenz vorhanden sind. Jede Stellung wird nur so lange beibehalten wie sie nötig ist. Keinesfalls bleibt man länger in einer Stellung stehen, wie das in anderen Kampfkünsten üblich ist.
Natürlicher Bewegungsablauf
Mit der Entwicklung des Schülers werden die kamae immer weniger wichtig als spezifische Positionen, sondern sie werden in den natürlichen Bewegungsablauf des Kämpfers aufgenommen. Wenn man sich diese Grundlagen verinnerlicht hat, so wird die wichtigste Kampfstellung die Nichtkampfstellung.
Es gibt eine große Anzahl von Kampfstellungen, die sich z. T. auch unter den ryū unterscheiden oder andere Namen tragen, außerdem kann jede Kampfstellung in verschiedenen Höhen eingenommen werden (z. B. auch kniend) oder auf verschiedene Höhen gerichtet sein.
Nachfolgend werden einige dieser Stellungen erklärt und gezeigt:
Beobachtende Stellungen
Die beobachtenden Kampfstellungen sind die Grundstellungen. Diese Stellungen sind stehende oder sitzende Stellungen, die man normalerweise eingenommen hat, wenn man angegriffen wird. Aus diesen Stellungen verbeugt man sich auch und zeugt seinem Gegner Respekt. Da diese Stellungen in der östlichen Welt entwickelt wurden, in der es keine Stühle gibt, wie in der westlichen Welt, sind die beobachtenden Stellungen natürliche Sitz- und Stehpositionen.
Gasshō no kamae
Die gassho no kamae Stellung wird für den stehenden Gruß eingesetzt. Beide Füße stehen fest auf dem Boden, die Hände sind vor dem Oberkörper zusammengelegt, die Ellbogen sind leicht angehoben. Der Blick geht über die Fingerspitzen geradeaus zum Gegner.
Fudōza no kamae
Die fudoza no kamae Stellung ist die traditionelle, japanische Sitzhaltung. Das linke Bein ist unter dem Körper gefaltet und der Sitz ruht auf dem Knöchel des linken Fußes. Das rechte Bein wird vor dem Körper mit der Fußsohle des rechten Fußes gegen das Knie gezogen. Der Rücken ist gerade, die Wirbelsäule hat ihre natürliche Position. Der Blick geht geradeaus.
Seiza no kamae
Die seiza no kamae Stellung ist die traditionelle, japanische Knieposition. Die Beine sind hinter dem Körper verschränkt und der Sitz ruht auf den Fußsohlen. Der Oberkörper ist gerade, die Knie ein wenig auseinander. Die Hände ruhen auf den Oberschenkeln. Um Respekt zu zeigen, biegt man den Oberkörper nach vorne, die Handflächen werden vor sich auf den Boden gelegt.
Verteidigende Stellungen
Die verteidigenden Kampfstellungen werden benutzt, wenn man auf einen Angriff reagieren muss, indem man blockt oder ausweicht, bevor man einen Gegenangriff starten kann. Der Körper rutscht oder gleitet nach innen oder außen, weg vom Angriff. Von dieser Position aus kann man dann blocken oder angreifen.
Ichi no kamae
Ichi no Kamae wird ausgeführt, in dem man das eine Bein aus shizen einen Schritt nach vorne setzt und das Körpergewicht zum größeren Teil auf dem hinteren Bein lasten lässt. Der Körper wird vom Feind schräg weggedreht. Die vordere Hand zeigt in Richtung Feind, die hintere bleibt als Faust am Gürtel. Diese Position ist die Position die vor ichimonji no kamae eingenommen wird.
Ichimonji no kamae
Die ichimonji no kamae Stellung wird ausgeführt, in dem der Körper zurück und vom Angriff weg ausweicht. Das hintere Bein hält den Körper aufrecht. Die Schultern sind entspannt, die Hüfte ist abgedreht, so das die vitalen Punkte verborgen sind. Die offenen Hände schützen das Gesicht und den Körper oder fangen den Angriff des Gegners ab.
Doko no kamae
Die doko no kamae Stellung wird ausgeführt, in dem der Körper zurück und vom Angriff weg ausweicht. Das hintere Bein hält den Körper aufrecht und das vordere Bein bereitet sich darauf vor, den Körper noch weiter zurückzudrücken, falls das nötig sein sollte. Die vordere Hand blockt oder fängt die Schläge des Gegners ab, die hintere Hand wird nah am Ohr gehalten und bereitet einen Gegenschlag vor.
Hichō no kamae
Die hichō no kamae Stellung wird benutzt, um vor einem Angriff auszuweichen und das vordere Bein wartet darauf den Gegner anzugreifen. Um die Balance zu halten wird das auf dem Boden stehende Bein leicht gebogen. Die Arme sind in einer Stellung, in der sie greifen, blocken oder Schläge austeilen können.
Empfangende Stellungen
Die empfangenden Kampfstellungen werden benutzt, wenn man mit Techniken auf Angriffe reagiert, die mit der Kraft des Gegners harmonisieren oder mitgehen. Der Körper dreht oder bewegt sich zur Seite, um sich mit der Bewegung des Feindes zu vermischen. Verteidigungen werden auf die gleiche Weise angewendet.
Shizen no kamae
Die Shizen no kamae Stellung ist natürliche, stehende Position des Menschen. Der Geist ist alarmiert, der Körper ist entspannt und bereit sich zu bewegen und auf den Gegner zu reagieren. Das Körpergewicht ruht auf beiden Füßen, die Schultern sind entspannt und die Arme hängen natürlich an den Seiten herunter. In dieser Stellung wird man sich bei den meisten Angriffen vorfinden, da sie die natürliche Bewegung beim Gehen oder Stehen ist. Deshalb ist es auch die wichtigste Stellung und sollte gut trainiert werden.
Hanmi no kamae
Aus shizen no kamae geht man für hanmi no kamae einfach mit dem einen Bein einen kleinen Schritt nach vorne. Der Körper wird dabei vom Gegner weggedreht.
Goku no kamae
Bei goku no kamae dreht man den Körper aus shizen no kamae um 45° vom Gegner weg. Die Hände hängen natürlich herab, wie bei shizen, die vordere Hand ist offen, die hintere in fudō ken.
Hira (ichimonji) no kamae
Die hira ichimonji no kamae Stellung ist eine ausbalancierte, stehende Position, von der aus der Körper ausweichen kann. Das Körpergewicht ruht zu gleichen Teilen auf beiden Füßen, beide Arme sind zu den Seiten ausgestreckt. Sie können zum fegen, greifen oder abfangen von Schlägen benutzt werden.
Hoko no kamae
Die hoko no kamae Stellung ist eine andere Stellung, von der aus der Körper auf einen Angriff reagieren kann. Das Gewicht ruht auf beiden Füßen, die Arme werden über den Schultern – leicht gebogen – gehalten. Die Arme können benutzt werden, um zu fangen, umzuleiten oder Schläge auszuteilen.
Angreifende Stellungen
Die angreifenden Kampfstellungen werden angewendet, wenn man von der Verteidigung zum Angriff übergeht. Die Stellungen sind nur noch zum Teil verteidigend und zum größeren Teil offensiv. Von diesen Stellungen aus werden Tritte, Schläge und Würfe angewendet.
Jūmonji no kamae
Die jūmonji no kamae Stellung ist an den überkreuzten Handgelenken leicht zu erkennen. Diese Handposition schützt den Körper während eines Angriffs. Die Ellbogen bedecken die Rippen, die Fäuste schützen den Nacken und das Gesicht, bevor sie einen Schlag anwenden. Das Gewicht lastet etwas mehr auf dem vorderen Fuß und der hintere Fuß drückt den Körper vorwärts.
Kosei no kamae
Die kosei no kamae Stellung wird benutzt, um anzugreifen, aber sie erlaubt es auch mögliche Schläge abzufangen. Die vordere Hand wird benutzt, um zu greifen, umzuleiten oder die Aufmerksamkeit des Gegners auf sich zu lenken. Die hintere Hand führt den Angriff aus.